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Vollansicht des PSYNDEX Tests-Dokuments: Benton-Test | ||
PSYNDEX Tests-Dokument: 9000837 | ||
BT - Benton-Test (PSYNDEX Tests Review) | ||
Benton Visual Retention Test (BVRT, 5th Edition; Benton Sivan, A., 1992) - German version/author | ||
Benton, A.L. | ||
(1961). Der Benton-Test. Deutsche Bearbeitung von Otfried Spreen [Handbuch, Vorlagenheft 1 und 2 sowie 100 Auswertungsbögen]. Bern: Huber. Bibliotheksstandort: Testsammlung Psychologie Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek: 72-5997 (4. Auflage 1972); PT 162 (5. Auflage 1981); PT 526 (7. Auflage, Benton Sivan et al. 1996) | ||
Bezugsquelle: Testzentrale, Herbert-Quandt-Straße 4, D-37081 Göttingen; E-Mail: info@testzentrale.de; URL: https://www.testzentrale.de/; Stand: 1.11.2024. Anmerkung: Grundlage der Beschreibung ist die 7., vollständig überarbeitete deutsche Auflage (Benton Sivan & Spreen, 1996). 2009 erschien die 8., überarbeitete und ergänzte Auflage (Benton Sivan & Spreen, 2009). | ||
Adresse(n): o Prof. Dr. Otfried Spreen (1926-2015), Department of Psychology, University of Victoria, Canada ; URL: http://www.legacy.com/obituaries/timescolonist/obituary.aspx?pid=176851721 ; Stand: 18.2.2016 | ||
AbstractDiagnostische Zielsetzung:Mit dem Benton-Test (BT) sollen Stoerungen in der Leistungsfaehigkeit der visuellen Merkfaehigkeit festgestellt werden, die zumeist auf Hirnverletzungen oder Hirnerkrankungen hindeuten.
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Testkonzept | ||
Theoretischer HintergrundDer Benton-Test (Benton Sivan & Spreen, 1996) dient der Erfassung von Stoerungen der visuellen Merkfaehigkeit, aufgrund derer Hinweise auf Hirnverletzungen oder -erkrankungen erhalten werden koennen. Dazu sind Stoerungen der Gestaltauffassungsfaehigkeit (Figur-Grund-Differenzierung), der Gedaechtnisfunktionen und der Formreproduktionsfaehigkeit (visuomotorische Koordination) zu rechnen. Die Erforschung der visuellen Wahrnehmung begann bereits Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem Neurologen und Ophthalmologen Patienten beschrieben, die trotz erhaltener Sehkraft visuell dargebotene Objekte und Personen nicht identifizieren konnten und bei denen sich bei weiterer Untersuchung lokalisierte Hirnerkrankungen fanden. In der Untersuchung der visuellen Wahrnehmung und des Gedaechtnisses erlangten Figur-Zeichentests eine zentrale Stellung, weil sie einfach anwendbar sowie unabhaengig von spezifischen verbalen Kenntnissen sind und die Leistungen mit Hirnfunktionen und Schulleistungsstand korrelierten. Allerdings wurden diese Tests nur als Untertests in Intelligenztests verwendet (z.B. im Wechsler-Gedaechtnistest; Wechsler, 1945) und litten aufgrund der niedrigen Itemzahl an geringer Reliabilitaet. Weil Benton den Bedarf nach einem Gedaechtnistest fuer visuelle Formen fuer den klinischen Bereich entdeckte, entwickelte er die erste Form des Benton-Tests als Visual Retention Test (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 11). | ||
TestaufbauDer Test besteht aus Serien von graphischen Stimuluskarten, die jeweils eine bis drei einfache geometrische Figuren enthalten und die vom Probanden nachgezeichnet (Zeichenform) oder als identisch ausgewaehlt (Wahlform) werden sollen. Fuer die Zeichenform stehen drei fast gleichwertige Parallelversionen C, D und E mit je 10 Stimuluskarten, fuer die Wahlform die Versionen F und G mit je 15 zur Zeichenform identischen Abbildungen zur Verfuegung. Fuer beide Formen wurden unterschiedliche Durchfuehrungsmodalitaeten entwickelt.(1) Die Zeichenform wird in der Regel bei allen Versuchspersonen angewendet. Der Proband bekommt die Vorlagen einzeln gezeigt und soll sie anschliessend auf weissem Papier nachzeichnen. Folgende Versuchsanordnungen sind hierfuer moeglich: A (Standardversuchsanordnung): 10 Sekunden Darbietungszeit, die Reproduktion erfolgt unmittelbar anschliessend. Der Proband darf seine Zeichnung auch verbessern. B (verkuerzte Darbietung): 5 Sekunden Darbietungszeit, sonst analog zu A. C (Abzeichnen): Die gezeigte Vorlage soll so genau wie moeglich abgezeichnet werden. Aenderungen der Zeichnung sind hier nicht erlaubt. D (verzoegerte Reproduktion): Nach einer Darbietungszeit von 10 Sekunden erfolgt eine Pause von 15 Sekunden, erst dann darf gezeichnet werden. (2) Die Wahlform wurde vorwiegend fuer Patientengruppen konstruiert, die an motorischen Stoerungen leiden, in Folge derer ihre zeichnerischen Faehigkeiten beeintraechtigt sind (z.B. zerebrale Laehmungen, Parkinson). Sie kann einzeln oder in Kombination mit der Zeichenform angewendet werden. Dem Probanden wird eine Vorlage gezeigt, anschliessend soll er aus vier aehnlichen Abbildungen die gezeigte heraussuchen. Auch hier stehen verschiedene Versuchsanordnungen zur Verfuegung: M (Standardwahlform): Die Wahl erfolgt nach 10 Sekunden Darbietung der Vorlage. N (verkuerzte Darbietungszeit): Die Vorlage wird nur 5 Sekunden lang gezeigt. O (verzoegerte Wahl): Zwischen Darbietung (10 Sekunden) und Wahl liegen 15 Sekunden Pause. P (Formunterscheidung): Stimulus- und Wahlkarte werden gleichzeitig vorgelegt. Diese Anordnung kann insbesondere bei jungen Kindern als Formunterscheidungstest angewendet werden. CR (Kombinierte Zeichen- und Wahlform): Nach der Durchfuehrung der Zeichenform nach Instruktion C werden dem Probanden die entsprechenden 10 Karten der Wahlform vorgelegt. Er soll die gezeichneten Vorlagen wiedererkennen. | ||
AuswertungsmodusDie Zeichenform wird nach zwei Variablen ausgewertet. Zunaechst wird die Anzahl richtiger Loesungen ermittelt, indem jede Zeichnung anhand der Erlaeuterungen im Manual mit "Richtig" oder "Falsch" bewertet wird (0 bzw. 1 Punkt, maximal 10 Punkte). Anschliessend werden saemtliche Fehler gemaess der Anleitung im Handbuch klassifiziert und nach Fehlertyp und Gesamtfehlerzahl gezaehlt. Alle ermittelten Werte werden im Auswertungsbogen eingetragen. Bei den Wahlformen werden die Gesamtzahl richtiger Loesungen und die Zahl der Spiegelbildwahlen errechnet. | ||
AuswertungshilfenEs stehen Auswertungsboegen zur Verfuegung, die die ermittelten Ergebnisse ueberblicksartig wiedergeben. Ausserdem werden zahlreiche Normwerte angegeben, die das praemorbide Intelligenzniveau (zu ermitteln durch frueher durchgefuehrte Intelligenztests oder durch verschiedene im Manual, S. 65, angegebene Verfahren) und das Alter einbeziehen. | ||
AuswertungszeitDie Auswertung erfordert bis zu 5 Minuten. | ||
ItembeispieleDie graphischen Vorlagen koennen nicht wiedergegeben werden. | ||
Durchführung | ||
TestformenDas Verfahren kann nur als Einzeltest durchgefuehrt werden. Zeichen- und Wahlform koennen unabhaengig voneinander oder in Kombination bearbeitet werden. Fuer die Zeichenform liegen drei, fuer die Wahlform zwei Parallelserien vor. Testformen fuer spezielle Populationen sind nicht vorgesehen. Bei der Computerform (Haensgen & Merten, 1994) erfolgt die Bilddarbietung ueber den Monitor, der Proband zeichnet wie in der Originalform. Der Benton-Test wurde in verschiedene Testbatterien einbezogen (Hahlweg, 1979; Kuehnlein, 1984; Oswald, 1982). | ||
AltersbereicheZielgruppen des Benton-Tests sind Kinder ab 7 Jahren, Jugendliche sowie Erwachsene. | ||
DurchführungszeitFuer jede Einzelserie ist eine Durchfuehrungsdauer von ca. 5 Minuten zu veranschlagen. | ||
MaterialDas Testmaterial umfasst das Handbuch (Benton Sivan & Spreen, 1996), die Vorlagenhefte 1 und 2 sowie 100 Auswertungsboegen (= Verbrauchsmaterial). Ausserdem sind weisses Papier, Bleistift, Radiergummi und eine Stoppuhr erforderlich. Fuer die computergestuetzte Fassung sind die entsprechenden Hard- und Softwarevoraussetzungen zu erfuellen. | ||
InstruktionDie Instruktion erfolgt muendlich, sie ist im Manual woertlich vorgegeben. | ||
DurchführungsvoraussetzungenDie Testung kann durch gruendlich eingewiesene Hilfskraefte erfolgen. Die Auswertung sollte erst nach sorgfaeltigem Studium der Bewertungskategorien und -beispiele im Handbuch erfolgen. Die Interpretation sollte von Diplom-Psychologen oder entsprechend in psychologischer Diagnostik ausgebildeten Aerzten vorgenommen werden. | ||
TestkonstruktionZur Testkonstruktion liegen im Manual (Benton Sivan & Spreen, 1996) nur sehr allgemeine Angaben vor. Es sind weder Informationen ueber Itemkennwerte noch ueber Itemselektionstechniken aufgefuehrt.Benton entwickelte den Test in Anlehnung an den Bender-Gestalttest (Hoffmann, 1963, S. 316). Die erste Veroeffentlichung des Visual Retention Test erfolgte 1946 (Benton, 1946). 1950 wurde neben der Zeichenform eine aus 14 Items bestehende Wahlform entwickelt (Benton, 1950). 1955 wurde das Verfahren revidiert. Die Zahl der Vorlagen wurde erweitert, alternative Parallelserien wurden entwickelt und eine Restandardisierung durchgefuehrt (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 12). Die dritte und vierte amerikanische Auflage (Benton 1963, 1974) schlossen die Standardisierung fuer die Instruktion mit einfachem Abzeichnen, eine Uebersicht ueber die klinischen Anwendungen des Tests und eine Diskussion der Vorzuege und Einschraenkungen im Testgebrauch ein. Die 5. amerikanische Auflage wurde 1992 von Benton Sivan herausgegeben. Die erste deutsche Version des Benton-Tests erschien 1955, gefolgt von der zweiten Auflage 1961, in der die Zahl der Auswertungsbeispiele und die beruecksichtigte Literatur vergroessert wurden (Hartmann, 1963, S. 135). Die Ergebnisse und Erfahrungen von zahlreichen Anwendungen des Verfahrens wurden jeweils in neue Auflagen des Testhandbuches aufgenommen (3. Auflage 1967, 4. Auflage 1972). 1981 wurde der Test ueberarbeitet (5. ueberarbeitete und erweiterte Auflage 1981; Benton, 1981) und 1986 (ohne Fortschreibung der Auflagennummer) unveraendert nachgedruckt. Die hier vorliegende siebente, vollstaendig ueberarbeitete Auflage, folgt der fuenften amerikanischen Auflage (1992) von Benton Sivan. Der Test wurde neu gestaltet (z.B. Standardisierung der Instruktion) und das Auswertungssystem vereinfacht. Ausserdem werden zusaetzliche Auswertungsbeispiele gegeben und erweiterte Normwerte sowie zahlreiche Untersuchungen zur Anwendung des BT bei beginnender Demenz referiert. Die Testvorlagen wurden nicht veraendert. Im Gegensatz zur amerikanischen Auflage enthaelt diese Auflage die Wahlform (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 8). In ihrer Untersuchung mit der Form C, Instruktion A des Benton-Tests kommen Hahlweg und Kuehnlein (1981) zu folgenden Ergebnissen (n = 148): - Die mittlere Schwierigkeit der 10 Items betraegt 62.3%; die Form C ist damit insgesamt sehr leicht. Der Schwierigkeitsindex der ersten 4 Items ist groesser als 80%, der Wert von Item 10 liegt dagegen bei 11%. Damit waeren lediglich die Items 5-9 verwendbar. - Die mittlere Trennschaerfe der Items liegt bei rit = .32, was als eher gering einzuschaetzen ist. Allein Item 6 ist mit r = .43 befriedigend trennscharf. - Die mittlere Iteminterkorrelation betraegt r = .15 und ist damit sehr niedrig. Dies weist auf die Heterogenitaet des Tests hin. Eine Faktorenanalyse, die zur Ueberpruefung der Homogenitaet durchgefuehrt wurde, erbrachte zwei Faktoren, die 37.6%der Gesamtvarianz erklaeren. Auch dieses Ergebnis spricht fuer die Heterogenitaet der Form C des Benton-Tests. - Die Korrelationen zwischen dem Testergebnis und allgemeiner Intelligenz des Probanden sind niedriger als im Handbuch des Benton-Tests angegeben, wo Werte zwischen .60 - .71 berichtet werden (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 63). Ebenso werden geringe Zusammenhaenge zum Alter ausgemacht, so dass angeregt wird, die Berechnung der Erwartungswerte zu ueberpruefen (Hahlweg & Kuehnlein, 1981, S. 10). Von Benton Sivan und Spreen (1996, S. 63) wird entgegengehalten, dass es sich um eine gemischte klinische Gruppe (Neurotiker, Depressive, Schizophrene und Hirnorganiker) handelte und die Korrelationskoeffizienten wegen des unterschiedlichen Einflusses der angegebenen Krankheiten nur von beschraenktem Wert seien. Scheurer, Quast, Richter, Erbacher und Kroeber (1994) fuehrten eine testtheoretische Analyse des Benton-Tests in der Form C, Anordnung A, an einer Stichprobe von n = 120 straffaelligen Maennern mit Gewaltdelikten durch. Dabei stellten sie eine zu geringe Schwierigkeit der 10 Items fest. Geringe Trennschaerfen (alle unter .50) und die mittlere Iteminterkorrelation von r = .15 sowie die Ergebnisse mehrerer Faktorenanalysen mit Zwei-, Drei- und Vierfaktorenloesungen weisen auf die Heterogenitaet des Tests hin. Die Korrelationen zur Intelligenz, erfasst mit dem Reduzierten Wechsler-Intelligenztest (WIP; Dahl, 1986), lagen eher im mittleren Bereich (r = .54 fuer die Zahl der Richtigloesungen, r = -.55 fuer die Fehlerzahl). Zweschper (1992) pruefte die Gesamtform (Serien C, D und E) an einer Stichprobe von n = 581 Personen nach den Kriterien des Rasch-Modells. Diese erwies sich insgesamt als inhomogen. Die Ueberpruefung der einzelnen Serien zeigte, dass sie unterschiedlich gut modellkonform sind: Subtest D zeigte sich ausgesprochen homogen, C als noch homogen und E als inhomogen (S. 590). | ||
Gütekriterien | ||
ObjektivitätDie Durchfuehrung kann aufgrund der woertlich vorgegebenen Instruktion als objektiv gelten. Wegen der detaillierten Angaben im Handbuch kann auch die Auswertung der Zeichenform als fast objektiv bezeichnet werden. Die Ergebnisse mehrerer Auswerter ergaben bezueglich des Gesamtwertes der Zeichenform eine Uebereinstimmung von r = .95; bezueglich der wichtigsten Fehlerkriterien lagen die Werte zwischen r = .75 und r = .98 (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 23). Die Wahlform ist auswertungsobjektiv. Die Interpretationsobjektivitaet ist nur bedingt gegeben. Zwar stehen Normtabellen zur Verfuegung, die Einordnung einer individuellen Testleistung haengt jedoch von der Einschaetzung des praemorbiden Intelligenzniveaus ab. | ||
ReliabilitätDie durchschnittliche Retestreliabilitaet der Versionen C, D und E der Zeichenform bei Versuchsanordnung A wird mit r = .85 angegeben (Benton, 1981, S. 10); fuer die Wahlform (Instruktion M) liegt dieser Wert bei r = .80 (S. 87). Bei Kindergartenkindern fand Brasfield (1971) eine Korrelation von .75 bei erneuter Vorgabe der Zeichenform C nach vier Monaten, in einer weiteren Studie von Lezak (1982, zitiert nach Kaschel, 1994, S. 188) lagen die Retestkoeffizienten der C-Form nach Vorgabe nach jeweils 6 Monaten bei .58 (1.-2. Messung) bzw. .60 (1.-3. Messung). Zwischen Zeichen- und Wahlform zeigten sich geringe Zusammenhaenge (r = .55; Brickenkamp, 1975).Voraussetzung fuer die Ueberpruefung der Paralleltestreliabilitaet ist das Vorhandensein aequivalenter Formen, was jedoch von Hahlweg und Kuehnlein (1981) aufgrund eigener Untersuchungen in Frage gestellt wird. Korrelationskoeffizienten zwischen den Formen C, D und E werden von Benton mit .80 bis .85 angegeben, Breidt (1970) ermittelte jedoch nur Koeffizienten zwischen .62 und .71 (n = 35 Hirnorganiker; vgl. Hahlweg & Kuehnlein, 1981, S. 2). Kaschel (1994, S. 188) kommt aufgrund vorliegender Forschungsergebnisse zu dem Schluss, dass je nach Instruktion und Stichprobe einzelne Formen leichter oder schwerer sind. Hahlweg und Kuehnlein (1981) berechneten eine innere Konsistenz nach Cronbach fuer die Gesamtstichprobe (n = 148) von Alpha = .66 fuer die richtigen Loesungen, was sie als "nicht genuegend" bezeichnen. Scheurer et al. (1994, S. 367) berechneten an einer Stichprobe von n = 120 straffaelligen Maennern ein Alpha nach Cronbach von .63. "Um einen Konsistenzkoeffizienten von .90 zu erreichen, muesste man zu den zehn BT-Items der Form C noch 43 weitere hinzufuegen" (ebd.). Steck, Beer, Frey, Fruehschuetz und Koerner (1990) konnten durch eine Kombination der Formen C, D und E eine erhebliche Steigerung der Reliabilitaet erreichen. Lag Cronbachs Alpha fuer die 10-Item-Vorgaben im Bereich von .76 - .83 und fuer 20-Itemfassungen (CD, CE, DE) im Bereich von .87 - .90, so erzielten sie fuer die 30-Itemversion (CDE) Reliabilitaetsschaetzungen von Alpha = .91 (richtige Reproduktionen) bzw. Alpha = .93 (Fehler; n = 432; S. 42). Gleichzeitig stellten sie ein betraechtliches Uebergewicht leichter Items fest. | ||
ValiditätIm Handbuch werden zahlreiche Untersuchungen zur Faktorenstruktur und zur differentiellen Validitaet des BT referiert. Kritik aus Untersuchungen wurde z.T. aufgegriffen und diskutiert. Die Ergebnisse der zum BT vorliegenden Validitaetsstudien lassen sich im wesentlichen folgendermassen zusammenfassen:(1) Faktorenanalysen legen die Heterogenitaet des BT nahe. Entgegen den Erwartungen wurde oftmals eine Mehrfaktorenloesung gefunden: Eine Faktorenanalyse an 18 Tests von 100 Patienten mit Hirnschaedigung von Bechtoldt, Benton und Fogel (1962) ergab einen visuell-raeumlichen Faktor, der Ladungen vor allem auf dem BT nach Instruktion C, der Wahlform des BT und dem Blockmuster-Test nach Wechsler zeigte. In einer mehrere Tests umfassenden Analyse von Larrabee, Kane, Schuck und Francis (1985) zeigte der BT (Instruktion A) vor allem Ladungen auf einem visuell-raeumlichen Faktor und sekundaere Ladungen auf einem Gedaechtnisfaktor und einem Aufmerksamkeits-Konzentrationsfaktor. In einer weiteren Faktorenanalyse (Moses, 1986, 1989), gemeinsam mit dem Visuellen Formunterscheidungstest (Benton, Hamsher, Varney & Spreen, 1983), liess sich der erste Faktor als Faktor des kurzfristigen Gedaechtnisses und der visuellen Wahrnehmung beschreiben. Er war durch hohe Ladungen der Instruktion A und der Wahlform sowie maessige Ladungen des Visuellen Formunterscheidungstests gekennzeichnet. Auf dem zweiten Faktor (wahrnehmungs- und motorischer Faktor) lud Instruktion C hoch. Zusammen mit weiteren Ergebnissen ziehen Benton Sivan und Spreen (1996, S. 131) den Schluss, dass sich unter Instruktion A sowohl die allgemeine Leistung des kurzfristigen Gedaechtnisses wie auch der visuellen Wahrnehmungsfaehigkeit zeigt, waehrend Instruktion C eine davon unterscheidbare visuell-konstruktive Faehigkeit misst. (2) Die meisten Untersuchungen belegen die Differenzierungsfaehigkeit zwischen Hirnorganikern und Hirngesunden: Beim Vergleich Hirnorganiker/Normalpersonen lassen sich im Gesamttestwert signifikante Mittelwertsunterschiede feststellen (Hartje & Orgass, 1972; Jost, 1977; Kerekjarto, 1961; Velkoborsky, 1964; Wahler, 1956). Keine signifikanten Unterschiede zwischen n = 110 hirngeschaedigten und n = 68 hirngesunden Patienten mit Bandscheibenschaeden oder peripheren Nervenlaesionen fanden Hunger und Kleim (1976). Die diagnostische Treffsicherheit des Benton-Tests betrug lediglich 52%. (3) Weiterhin werden im Handbuch Untersuchungen referiert, die zeigten, dass die BT-Leistung von der Lokalisation der Schaedigung abhaengt (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 90 f.): Patienten mit rechtsseitiger Frontalschaedigung zeigten signifikant niedrigere Leistungen als Patienten mit linksseitiger Frontalschaedigungen (Benton, 1968); Freytag, Walter, Weber und Wulffen (1979) zeigten, dass der BT besonders zur Diagnostik von Okzipital- und Parietalverletzungen beitraegt, waehrend er bei Frontalschaeden auch normale Leistungen aufweisen kann (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 91 f.). Vakil, Blachstein, Sheleff und Grossman (1989) fanden bei Patienten mit Schaedigungen der linken Hirnhemisphaere mehr richtige Loesungen unter Instruktion D, waehrend Patienten mit Schaedigungen der rechten Hirnhemisphaere bessere Leistungen unter Instruktion A zeigten. (4) Der BT differenziert nicht sauber zwischen Hirngeschaedigten und anderen klinischen Gruppen: Keine signifikanten Mittelwertsunterschiede sind beim Vergleich Hirnorganiker/depressive oder schizophrene Patienten zu beobachten (Hahlweg & Kuehnlein, 1981; Jost, 1977; La Rue, D'Elia, Clark, Spar & Jarvik, 1986; Steck et al. 1990; Velkoborsky, 1964). Crookes und McDonald (1972) fanden nur fuer die Instruktion A (nicht fuer B und D) bei der Zahl richtiger Wiedergaben Unterschiede zwischen Patienten mit endogener Depression und solchen mit Demenz (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 115). Hirngeschaedigte und MS-Patienten unterschieden sich lediglich durch die groessere Zahl richtiger Reproduktionen bei Hirnverletzten im Vergleich zu MS-Patienten (Kerekjarto, 1961). Leistungsdefizite im BT treten auch bei anderen Erkrankungen auf wie Alkoholismus oder Drogenabhaengigkeit, auch wenn keine hirnpathologischen Veraenderungen nachweisbar sind (Krampe, 1979; Steck, Holzbach & Rausche, 1982). (5) Der BT traegt wesentlich zur Diagnose einer Fruehdemenz bei: Poitrenaud und Barrere (1973) zeigten, dass der BT bei einer Stichprobe von 46 Patienten ohne klare Demenz zu 85% mit der Diagnose nach 5 Jahren uebereinstimmte. Zusammen mit zwei weiteren Verfahren zeigte der BT auch in anderen Untersuchungen mit Dementen eine richtige - meist prognostische - Klassifizierungsrate von ueber 80% (Eslinger, Damasio, Benton & Van Allen, 1985; Jones, Tranel, Benton & Paulsen, 1992; Ritchie & Hallermann, 1989). (6) Fuer Kinder konnte die Diskriminationsfaehigkeit des Verfahrens nicht bestaetigt werden: Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen hirnorganisch geschaedigten und nicht hirngeschaedigten Kinder (Dony & Deegener, 1973). In einer Untersuchung von Schwerd und Salgueiro-Feik (1980) an n = 66 hirngeschaedigten Kindern, n = 58 Kindern mit Verdacht auf eine zerebrale Schaedigung und n = 64 emotional gestoerten Kindern fanden sich Gesamttrefferquoten zwischen 52.5% und 63.1%, wobei der Fehlerschwerpunkt bei der falschen negativen Klassifikation lag. (7) Der differentialdiagnostische Wert der qualitativen Fehleranalyse ist umstritten. Nachweise fuer deren Wert konnten in verschiedenen Studien nicht erbracht werden (Breidt, 1970; Dony & Deegener, 1973; Velkoborsky, 1964; Wahler, 1956). Andere Studien kamen zu anderen Ergebnissen: In einer Studie von Frigyesi, Cox und Solomon (1963) machten Patienten mit einseitiger Hirnschaedigung erwartungsgemaess signifikant mehr Fehler bei der Reproduktion von im kontralateralen Gesichtsfeld liegenden Figuren. Zu aehnlichen Ergebnissen gelangte Pettifor (1967). Laut Benton Sivan und Spreen (1996, S. 101) zeigen einige Untersuchungen, dass Auslassungen und Groessenfehler bei Hirngeschaedigten charakteristisch fuer die Reproduktion aus dem Gedaechtnis sind: Poitrenaud und Barrere (1972) fanden, dass sich Hirngeschaedigte hinsichtlich vier Fehlertypen (u.a. Auslassung einer grossen Figur) von insgesamt 36 Hirngesunden unterschieden. Bei Eslinger, Pepin und Benton (1988) unterschieden sich aeltere Patienten mit seniler Demenz durch signifikant mehr Auslassungsfehler und signifikant weniger Entstellungsfehler von gesunden Kontrollpersonen. Belege fuer die qualitativen Unterschiede in der BT-Leistung zwischen Patienten mit unterschiedlichen Hirnschaeden erbrachte Vilkki (1989) hinsichtlich der Zahl der Perseverationen. Steck et al. (1990, S. 48) schliessen aufgrund der Forschungslage: "Von der Vorstellung, auf bestimmte Fehlerhaeufigkeiten im BT diagnostische Schluesse gruenden zu koennen, muss man wohl Abschied nehmen. " (8) Versuchsanordnung D verbessert bei bestimmten Populationen die Differenzierung: Kranz (1982) berichtet von einer Zunahme der Trefferquoten (Uebereinstimmung Testdiagnose mit aerztlicher Diagnose): Sie betrug bei Hirngeschaedigten bei der einfachen Reproduktion 43% und erhoehte sich auf 86% bei der verzoegerten Reproduktion. Entsprechend sank die Zahl der falschen Zuordnungen von 31% auf 9%. (9) Die Korrelationen des BT mit Leistungstests fallen maessig aus: Benton Sivan und Spreen (1996, S. 129) berichten von Untersuchungen, in denen die BT-Leistung einer Patientengruppe mit Verdacht auf Hirnschaedigung bzw. mit diagnostizierter Hirnschaedigung mit einer Reihe von Wechsler-Subtests korreliert wurde. Die Koeffizienten lagen zwischen .46 und .62 (Breidt, 1970). Der Median-Korrelationskoeffizient mit dem Wechsler-Test betrug in einer Studie von Zwaan, De Vries und Van Dijk-Bleker (1967) .60. Hahlweg und Kuehnlein (1981) korrelierten die Benton-Werte mit einigen Subtests aus der HAWIE-Kurzform WIP, aus dem verbal-visuellen Gedaechtnistest von Ottoson und aus dem Aufmerksamkeits-Belastungstest d2 (n = 258). Aus den relativ niedrigen Korrelationen (.29 - .58) ziehen sie den Schluss, "dass der Benton-Test trotz signifikanter Interkorrelationen mit anderen Tests relativ unabhaengige Funktionen erfasst, die fuer die Beurteilung der intellektuellen Leistungsfaehigkeit eines Patienten wichtig sind" (S. 11). Wagner (1992) fand bei n = 52 Klienten einer schulischen Beratungsstelle mit einem Durchschnittsalter von ca. 10 Jahren einen Zusammmenhang von r = .48 zwischen der Wahlform F und dem HAWIK-R (p < .01). (10) Scheurer et al. (1994, S. 371) entdeckten bei n = 120 straffaelligen Maennern mit der Form C keine signifikanten Zusammenhaenge zu verschiedenen neurologischen Variablen wie Auffaelligkeiten in der Familien, Auffaelligkeiten in der Eigenanamnese oder der toxischen Anamnese, neurologischen Auffaelligkeiten, Auffaelligkeiten im psychischen Befund oder EEG-Auffaelligkeiten. Lediglich fuer diskrete neurologische Zeichen (diskrete sensorische und motorische Auffaelligkeiten ohne unmittelbaren Bezug zu Hirnschaedigungen) ergab sich ein signifikanter Zusammenhang von r = -.27 (p = .00). Zu verschiedenen Persoenlichkeitsvariablen und Persoenlichkeitsstoerungen fanden sich in der erwarteten Richtung liegende signifikante, wenn auch geringe Zusammenhaenge. Keine Zusammenhaenge ergaben sich bei der Empathie-Skala und der Psychotizismus-Skala. Benton Sivan und Spreen (1996, S. 122) halten entgegen, dass bereits minimale Frequenzen von Personen mit Hirnschaedigungen die Korrelationsanalyse zwischen BT-Leistung und neurologischen Befunden entstellen koennen. | ||
NormierungDie Normierung erfolgte getrennt fuer verschiedene Instruktionen. Die Daten stammen, falls nichts anderes erwaehnt, aus amerikanischen Stichproben. Die Erhebungszeitpunkte werden nicht genannt, lassen sich aufgrund der Literaturhinweise aber im wesentlichen vor 1970 datieren.- Instruktion A: Die Ergebnisse von ueber 1000 Probanden aus verschiedenen amerikanischen Untersuchungen (Benton, 1963: n > 600, ambulante und stationaere Krankenhauspatienten ohne Psychosen, Hirnerkrankung oder Hirnverletzung; Arenberg, 1978: n = 769 Maenner, 18-69 Jahre; Randall, Dickson & Plasay, 1988: unbeschriebene Stichprobe) bilden die Normen bei Kindern ab 8 Jahre und bei Erwachsenen sowohl fuer die Anzahl der richtigen Wiedergaben als auch fuer die Fehlerzahl (unter Einbeziehung der Variablen praemorbides Intelligenzniveau und Alter). Ausserdem liegen Normen aus einer Erhebung von Steck et al. (1990) an einer gesunden deutschen Untersuchungsgruppe von n = 252 Erwachsenen vor. - Instruktion B: Da der Vergleich zwischen Instruktion A und Instruktion B zeigte, dass die Ergebnisse in Instruktion B in der Regel einen Punkt geringer als in A ausfielen, sollen die Normen aus A (fuer Personen unter 61 Jahren) unter Abzug eines Punktes angewendet werden. - Instruktion C: Aus einer Stichprobe von 200 Krankenhauspatienten ohne Vorgeschichte oder Befunde von Hirnschaedigungen werden die Fehlerzahlen fuer den Gesamttest und fuer eine verkuerzte Form der ersten acht Vorlagen angegeben. Kindernormen (7 Jahre bis 13 Jahre) werden aus einer Zufallsstichprobe in Iowa und Wisconsin (n = 236) angegeben und fuer eine weitere Stichprobe (n = 79) von Kindern mit IQ-Werten zwischen 116-147 sowie fuer juengere Kinder im Alter zwischen 5;6 und 6;6 Jahren. - Instruktion D: Wegen unzureichender Standardisierungsdaten sollen die Ergebnisse aus verschiedenen Untersuchungen nur als Hinweise aufgefasst werden. - Instruktion M: Es liegen Normwerte fuer Erwachsene vor (14-55 Jahre; 65-90 Jahre); fuer Kinder gibt es nur vorlaeufige Daten. - Instruktion N: Es liegen Normwerte fuer Erwachsene vor (14-55 Jahre). - Form CR: Es werden vorlaeufige Werte von Erwachsenen referiert. Ausserdem werden im Manual Untersuchungen zur Testleistung im fortgeschrittenen Lebensalter (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 80-84) und Vergleichsdaten verschiedener Probandengruppen (z.B. Patienten mit Hirnschaedigung, Fruehdemenz) aufgefuehrt. In der Literatur wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass die Normwerte aus amerikanischen Untersuchungen stammen. Auch erzielten Versuchspersonen z.B. in der Untersuchung von Steck et al. (1990) andere Resultate als angesichts der umgerechneten Normwerte zu erwarten war. Da der Test jedoch zu den sprachfreien Verfahren gerechnet wird, wird im Handbuch (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 8) von einer Uebertragbarkeit der Werte auf deutsche Verhaeltnisse ausgegangen und als Beleg auf deutsche und franzoesische Untersuchungen verwiesen. Ob die erhobenen Normdaten auch fuer die Computerversion gelten, wurde nicht untersucht. Im Handbuch wird deshalb darauf aufmerksam gemacht, dass sich diese nicht unbedingt decken muessen (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 10). | ||
AnwendungsmöglichkeitenDer BT soll nach Angaben seiner deutschen Bearbeiter (Benton Sivan & Spreen, 1996, S. 85) aeusserst sensitiv Hirnschaedigungen mit bestimmten Stoerungen der visuell-perzeptiven, graphomotorischen Faehigkeiten und des kurzfristigen visuellen Gedaechtnisses erfassen. In Anbetracht der zahlreichen Forschungsergebnisse weisen sie jedoch darauf hin, dass aus einer Minderleistung im BT erst dann auf eine Hirnschaedigung geschlossen werden kann, wenn andere die Testleistung beeinflussende Faktoren wie Depression, Simulation etc. ausgeschlossen werden. Der Test ist geeignet fuer klinische Fragestellungen besonders aus dem Gebiet der Neuropsychologie und zur Diagnostik spezieller Stoerungen der visuellen Merkfaehigkeit, z.B. innerhalb von neurologischen und psychiatrischen Kliniken, in Rehabilitationszentren, in der Erwachsenen- und Erziehungsberatung sowie in der Geriatrie. Nicht geeignet ist der BT als kurzes Ausleseverfahren zum "Screening" aller organischer Stoerungen (S. 9). Aber auch im normalpsychologischen Bereich laesst sich der Test einsetzen, z.B. zur Entwicklungs- und Intelligenzdiagnostik. Allerdings ist die differentielle Gueltigkeit des Verfahrens umstritten: Dony und Deegener (1973) konnten die Diskriminationsfaehigkeit bei Kindern nicht bestaetigen, zahlreiche Untersuchungen sprechen gegen die individualdiagnostische Verwendbarkeit. Hahlweg und Kuehnlein (1981) empfehlen, das Verfahren lediglich zur Ermittlung von Gruppenunterschieden und nicht als Individualdiagnostikum einzusetzen. Mann, Kappos, Wense und Haubitz (1987, S. 709) betrachten den Test als "sinnvolle Ergaenzung zu den ueblichen neurologischen Skalen (...), da er sonst wenig beruecksichtigte Stoerungen zu erfassen hilft". Wittling (1983, S. 284) bescheinigt dem Verfahren die groesste Effizienz bei der Diskrimination von Patienten mit Laesionen der rechten Hemisphaere, insbesondere im Bereich des Parietallappens. Wittling (1983, S. 284) sieht zudem als eigentlichen Vorteil des Verfahrens die Moeglichkeit, durch die Variation der Versuchsinstruktion verschiedene Aspekte der visuellen Wahrnehmung (visuelle Diskrimination, visuelle Rekognition, gedaechtnismaessige Reproduktion, verzoegerte Reproduktionsleistung usw.) getrennt zu untersuchen.Auch in der Forschung ist der BT einzusetzen, wie dies die bereits zahlreichen Forschungsarbeiten mit oder zum BT dokumentieren. | ||
BewertungDer Benton-Test bzw. im Original Benton Visual Retention Test kann als einer der meistbenutzten und bekanntesten Gedaechtnistests fuer visuell-raeumliche Stimuli gelten - vermutlich auch aufgrund der leichten und oekonomischen Handhabbarkeit. In einer Umfrage von Schorr (1991) erlangte der BT Rangplatz 9 der meist verwendeten Tests. Um so mehr verwundert es, dass keine theoretischen Grundlagen, z.B. Ueberlegungen zur gedaechtnispsychologischen Charakterisierung des Verfahrens (Kaschel, 1994) berichtet werden.Insgesamt betrachtet lassen sich am Benton-Test wesentliche Maengel feststellen, v.a. auf dem Hintergrund der Anforderungen der modernen Testtheorie. So fehlen Angaben zu den Testkennwerten (Trennschaerfe, Itemschwierigkeit, Konsistenz etc.); Itemselektionstechniken bzw. die gesamte Testkonstruktion sind nicht dokumentiert. Beide Testformen sind nur maessig reliabel. Untersuchungen zur differentiellen Validitaet sind zwar zahlreich, aber in ihren Ergebnissen widerspruechlich. Hahlweg und Kuehnlein (1981, S. 12) fassen die Befunde zur differentiellen Validitaet folgendermassen zusammen: "Als Folgerung ergibt sich, dass der Benton-Test fuer die psychiatrische Praxis mit grosser Wahrscheinlichkeit keine differentielle Gueltigkeit hat". Allerdings ist zu beruecksichtigen, dass gerade das Gebiet der Zerebralschaeden sehr komplex ist und mit vielfaeltigen funktionellen Stoerungen einhergeht. Die Vergleichbarkeit verschiedener Untersuchungsergebnisse ist somit nicht ohne weiteres gewaehrleistet. Faktorenanalysen ergaben entgegen der Erwartung oftmals Zweifaktorenloesungen, wobei der BT vor allem Ladungen auf einem visuell-raeumlichen Faktor zeigte. Kaschel (1994, S. 192) kommt aufgrund der Ergebnisse zum Schluss, dass der BT weder prognostisch bzw. kriteriumsorientiert noch vom Konstrukt her valide ist. Gegenueber den vorherigen Auflagen werden zwar genauere Informationen ueber die Eichstichprobe gegeben, jedoch wird deutlich, dass die Normen ueberwiegend sehr alt sind. Ob eine Uebertragbarkeit der ueberdies amerikanischen Normen auf deutsche Verhaeltnisse moeglich ist, sei dahingestellt. Untersuchungen zur Gueltigkeit der Normen fuer die Computerversion stehen aus. Problematisch erscheint auch die Auswertung anhand des Erwartungswertes der Testleistungen, der mit Hilfe des Intelligenzniveaus des Probanden bestimmt wird. Zum einen wies bereits Hartmann (1963, S. 137) auf die fehlenden Informationen bezueglich der Zuordnungsprinzipien von IQ-Bereichen und Testleistungen hin. Zum anderen werden die Erwartungswerte anhand der praemorbiden Intelligenzschaetzung berechnet, fuer die es laut Kessler und Kaschel (1997, S. 67) jedoch keine im deutschsprachigen Raum etablierten Verfahren gibt und die Schaetzung somit einer gewissen Willkuer unterliegt, die den Wert des Verfahrens in Frage stellt. Dementsprechend waere es mit Kaschel (1997, S. 68) wuenschenswert gewesen, wenn die Testleistungen in der Neuauflage in ueblichen Normwerten relativiert worden waeren, wie es bereits Hahlweg und Kuehnlein (1981) empfohlen haben. Zahlreiche Autoren sehen den Einsatz des BT kritisch: Steck et al. (1990, S. 48) gestehen dem Verfahren lediglich eine "allgemeine Stoerungssensibilitaet" zu. Scheurer et al. (1994, S. 373) plaedieren dafuer, geringe BT-Leistungen als Anlass fuer weitere Untersuchungen mit geeigneten apparativen Methoden wie dem cranialen Computertomogramm zu nehmen. Rauchfleisch (1991, S. 67) dagegen haelt den Benton-Test zusammen mit Intelligenzverfahren, die Informationen ueber hirnorganische Funktionsstoerungen liefern, fuer "ein sehr aussagekraeftiges Instrument". Kessler und Kaschel (1997, S. 68) moechten den BT nur nach Instruktion A und nur "als Teil, als Untertest einer neuropsychologischen Testbatterie neben anderen Verfahren" angewandt sehen. Insgesamt sollte deutlich geworden sein, dass die Anwendung des BT nur unter grossen Vorbehalten empfohlen werden kann. | ||
Literatur
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Wichtige neuere Publikationen
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Originalfassung/Anderssprachige Fassungen
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Rezensionen
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Susanne Gutgesell (04.02.1987) Manfred Eberwein (02.02.1995) Jutta Wolff (22.07.1999) | ||
APA-Schlagworte/PSYNDEX Terms: | Classical Test Theory; Retention Measures; Multiple Choice (Testing Method); Drawing; Pictorial Stimuli; Benton Revised Visual Retention Test; Test Norms; Neuropsychological Assessment; Neuropsychology; Memory Disorders; Brain Damage; Brain Disorders; Visual Perception Klassische Testtheorie; Gedächtnistests; Multiple-Choice-Methode; Zeichnen; Bild-Stimuli; Benton-Test; Testnormen; Neuropsychologische Messung; Neuropsychologie; Gedächtnisstörungen; Hirnschädigung; Hirnfunktionsstörungen; Visuelle Wahrnehmung | |
weitere Schlagworte: | 1946 (1. Auflage Originalfassung); 1992 (5. Auflage Originalfassung); 1955 (1. deutsche Auflage); 1961 (2. deutsche Auflage); 1968 (3., revidierte und erweiterte deutsche Auflage); 1972 (4., überarbeitete und erweiterte deutsche Auflage); 1981 (5., überarbeitete und erweiterte deutsche Auflage, Nachdruck 1986 ohne Fortschreibung der Auflagennummer); 1990 (6., unveränderte Auflage); 1996 (7., vollständig überarbeitete deutsche Auflage); 2009 (8., überarbeitete und ergänzte Auflage); Parallelformen; Zeichenform; Wahlform; Instruktionsvarianten; ab 7 Jahre | |
Klassifikation: | Neuropsychologische Diagnostik; Neuropsychologie und Neurologie; Neurologische Störungen und Hirnschädigung Gedächtnistests; Neuropsychologische Verfahren 2.8; 11.22 | |
Anwendungstyp: | Clinical Diagnosis | |
Art der Publikation: | Test; Test in Print (90; 911) | |
Sprache: | German | |
Übersetzungen: | Czech, English, Flemish, French, Spanish | |
Land: | United States | |
Publikationsjahr: | 1961 | |
Änderungsdatum: | 201307 | |
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